Reizdarm

Wenn der Darm streikt

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Beim Reizdarmsyndrom, medizinisch auch Colon irritabile genannt, handelt es sich um eine sogenannte funktionelle Störung der Darmfunktion. Das bedeutet, dass keine organischen Ursachen der Beschwerden erkennbar sind. Bei uns in Deutschland sind zwischen 5 und 10 % der Bevölkerung betroffen - der sogenannte Reizdarm gehört zu den häufigsten Darmerkrankungen. Viele Patienten haben nur gelegentlich Beschwerden, einige werden jedoch dauerhaft vom Reizdarmsyndrom geplagt.

Das Hauptsymptom sind Bauchbeschwerden, die mindestens über drei Monate anhalten. Dazu zählen Schmerzen, Missempfindungen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen. Die Beschwerden variieren dabei von Mensch zu Mensch und wechseln sogar zeitweise bei manchen Patienten. Typischerweise verschlimmern sich die Symptome bei Stress und lassen häufig nach dem Stuhlgang nach. Alle Reizdarm-Patienten sind durch ihr Leiden stark belastet und haben dadurch eine verminderte Lebensqualität.

Eine allgemeingültige Therapie gibt es beim Reizdarm nicht, die Behandlung wird individuell gestaltet. Viele Patienten können das Syndrom jedoch durch gezielte Maßnahmen in den Griff bekommen.

Mögliche Ursachen für Reizdarm

Was die Auslöser des Reizdarmsyndroms (RDS) angeht, so gibt es viele Vermutungen. Bisher haben sich einige typische Ursachen als wahrscheinlich herauskristallisiert. Häufig lassen sich mehrere Faktoren ausmachen, die Reizdarm auslösen können:

Ursachen für das Reizdarmsyndrom sind vielfältig
  • Fehlfunktion des Nervensystems im Verdauungskanal, dem „Bauchhirn“

  • veränderte Reizverarbeitung im zentralen Nervensystem, dem „Kopfhirn“

  • gestörte Kommunikation zwischen Kopf- und Bauchhirn.

Auf der körperlichen Eben sind oft folgende Veränderungen festzustellen:

  • Störung der natürlichen Darmbewegung (Darmperistaltik)
  • Erhöhte Empfindlichkeit des Verdauungskanals für bestimmte Reize wie Stress oder bestimmte Nahrungsmittel
  • Lebensmittelunverträglichkeiten
  • Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa
  • Psychische Belastung oder Stress
  • Leichte chronische Entzündungen des Magen-Darm-Trakts nach dortigen Infektionen
  • Die Darmflora befindet sich nicht im Gleichgewicht, eventuell nach einer Antibiotika-Therapie
  • Erbliche Vorbelastung, etwa so wie sie auch bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen bekannt sind
  • Individuelle Nahrungsunverträglichkeiten, die zwar keine Ursache der Erkrankung sind, diese aber beeinflussen

Die Diagnose Reizdarm kann nur über das Ausschlussverfahren gestellt werden. Daher werden im Vorfeld folgende Faktoren vom Arzt ausgeschlossen, um die richtige Ursache des Reizdarmsyndroms (RDS) identifizieren zu können:

  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Gestörter Stoffwechsel der Gallensäuren
  • Magen-Darm-Infektionen
  • gynäkologische Ursachen
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • Dickdarmkrebs

Besteht das Reizdarmsyndrom schon lange Zeit, gelingt es erfahrenen Ärzten auch rein aus der Erfragung der Vorgeschichte recht treffsicher die Diagnose zu erstellen.

Die verschiedenen Subtypen bei Reizdarm

Je nachdem, welche Reizdarm-Symptome überwiegen, kann zwischen verschiedenen Subtypen unterschieden werden: Durchfall, Verstopfung und Blähungen und Bauchschmerzen. Hierbei ist keine strikte Trennung, sondern auch eine Kombination oder ein Wechsel der Beschwerden möglich.

Tabelle mit verschiedenen Subtypen bei Reizdarm

Reizdarm Subtypen Tipps zur Linderung
Durchfall-Typ

Bei Durchfall wird der Nahrung nicht genug Wasser entzogen. Einige Medikamente sorgen dafür, dass die Darmmuskulatur sich beruhigt und der Stuhl länger im Dickdarm verbleibt.  Außerdem kann man Lebensmittel zu sich nehmen, die Wasser binden: dazu zählen zum Beispiel Karotte oder Apfel. Manche pflanzlichen Mittel haben einen ähnlichen Effekt. Auf viele Ballaststoffe oder Milchprodukte sollte eher verzichtet werden.

Verstopfungs-Typ

Bei Verstopfung als Reizdarm-Symptom kann eine ballaststoffreiche Ernährung hilfreich sein. Neben dem Verzehr von viel Obst und Gemüse sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Bei Verstopfung können auch pflanzliche Präparate eingesetzt werden. Im Fall von schweren Beschwerden kann auf Abführmittel zurückgegriffen werden. Manchmal hilft es auch, sich mehr zu bewegen.

Blähungs-Typ

Bei Blähungen sind viele Ballaststoffe eher schädlich. Ganz allgemein sollte auf aufblähende Lebensmittel verzichtet werden. Verschiedene Tees, wie zum Beispiel Fenchel, können eine beruhigende Wirkung auf den Darm haben. Zur Entspannung kann auch eine leichte Massage des Bauchs Linderung verschaffen.

Bauchschmerz-Typ

In den meisten Fällen geht ein Reizdarm mit Bauchschmerzen einher. Dann ist es sinnvoll, die Begleiterscheinungen, wie zum Beispiel Blähungen, zu therapieren. Allgemein empfiehlt es sich bei Bauchschmerzen, schwer verdauliche Lebensmittel zu meiden. Entspannung, zum Beispiel durch ein warmes Bad oder eine Wärmflasche, kann ebenfalls positiv sein. Auch krampflösende Medikamente können zum Einsatz kommen. Letzten Endes sollte man herausfinden, welche Lebensmittel einem vielleicht nicht so gut bekommen.

Mischtyp Bei manchen Patienten verändert sich das Bild der Beschwerden zeitweise. Haben sie zunächst unter Verstopfung gelitten, plagen sie dann Bauchschmerz und Blähungen oder Durchfall. Bei diesen Patienten muss die Behandlung ihrem jeweiligen Zustand entsprechen und mit den passenden Präparaten und Maßnahmen erfolgen.

 

Reizdarm: Wie man die Beschwerden lindern kann

Im Fall von Reizdarm empfiehlt sich eine individuell abgestimmte Therapie, die an die Beschwerden angepasst ist. Allerdings gibt es eine Reihe an Maßnahmen und Tipps, die für viele Patienten hilfreich sind:

Entspannungsübungen bei Reizdarm
  • Buch über die Symptome und Beschwerden führen
  • Stress reduzieren
  • Eventuell den Lebensstil ändern (z.B. mehr Schlaf)
  • Entspannungsbäder nehmen oder Wärmflaschen
  • Leichte Bewegung
  • Entspannungsübungen
  • Langsam essen in ruhiger Atmosphäre
  • Verzicht auf Alkohol und Zigaretten
  • Unzuträgliche Nahrungsmittel meiden

Hat man den Verdacht, an einem Reizdarmsyndrom zu leiden, so kann es sinnvoll sein, ein Tagebuch zu führen. Dabei wird notiert, zu welchen Tageszeiten und bei welchen Lebensmitteln oder Medikamenten die Reizdarm-Beschwerden auftreten. Rückblickend kann man daraus Hinweise dazu erhalten, welche therapeutischen Maßnahmen in Frage kommen.

Stress zu reduzieren ist eine Empfehlung für viele Patienten mit Reizdarm-Symptomen. Manchmal hilft es auch, den gesamten Lebensstil zu überdenken. Ein Entspannungsbad oder eine Wärmflasche kann für zusätzliche Linderung sorgen. Entspannungsübungen oder leichte Bewegung sind für viele bei Reizdarm hilfreich. Gerade beim Essen und Kauen sollte man sich ausreichend Zeit nehmen. Dabei gilt, dass kleine Portionen tendenziell besser verträglich sind.

Dazu kommt der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol oder Zigaretten. Trinken Sie vor allem viel Wasser, das beruhigt Magen du Darm.

In Ergänzung dazu bietet sich bei Reizdarm eine Kombination aus Medikamenten oder pflanzlichen Präparaten an. In einigen Fällen kann eine Ernährungsumstellung sinnvoll sein. Manchmal lässt sich eine Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln feststellen. Bei einigen Patienten wurden positive Effekte bei Verzicht auf bestimmte Kohlenhydrate beobachtet.

Eine Überlegung zur Behandlung des Reizdarms, besonders bei Blähungen und Durchfall ist auch die Einnahme lebender Mikroorganismen. Die Bakterien sollen sich im Darm ansiedeln und die Darmflora positiv beeinflussen.

Quellen:

Winfried Häuser, Peter Layer, Peter Henningsen, Wolfgang Kruis: Funktionelle Darmbeschwerden bei Erwachsenen. Deutsches Ärzteblatt

S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM): Reizdarmsyndrom. Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie.

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